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Verantwortliches, selbständiges
Handeln im ganzen Unternehmen

Digitalisierung, agile Unternehmensführung und viele weitere Zukunftsthemen haben einen gemeinsamen Nenner: Ihre Umsetzung benötigt Mitarbeiter und Manager, die aufeinander abgestimmt, selbständig und eigenverantwortlich handeln. Diese Haltung sowie die dazu erforderlichen Fähigkeiten zu trainieren und in der Praxis einzuüben, erfordert Disziplin und Ausdauer. Darüberhinaus muss ein System geschaffen werden, das diese Entwicklung zulässt und unterstützt.


Sichere Anzeichen für zukünftigen Entwicklungsspielraum

In vielen Unternehmen, die sich strategisch, digital und personell auf den Weg in die Zukunft machen, sieht die innere Verfassung nocht nicht sehr zukunftsorientiert aus. Einige sichere Anzeichen dafür sind:
- Es wird mehr über Schnittstellenprobleme nachgedacht, als über Verantwortung.
- In zeitaufwändigen Jahresplanungs- und Zielvereinbarungsprozessen ist die Akzeptanz der Vorgaben wichtiger, als die Übernahme von Verantwortung.
- In den jährlichen Beurteilungsgesprächen hat die Vergabe scheinbar gültiger, numerischer Werte für die Erfüllung von Verhaltensprinzipien einen höheren Stellenwert, als die Ergebnisse wichtiger Beiträge zur Erreichung der Unternehmensziele.
- Die Budgets der Weiterbildungssysteme sind mehr auf Führungskräfte und die Anwendung von neuen Führungsmethoden ausgerichtet, als auf verantwortliches Handeln bei den Mitarbeitern.
Diese beschriebenen Prozesse und Systeme sind mehr auf Beschäftigung, als auf die Übernahme von Verantwortung und auf Fortschritt ausgerichtet. Sie blockieren häufig die Terminkalender der Manager auf Wochen und Monate im Voraus und bewirken auf den Führungsebenen eher die Erhaltung des Status Quo, als die Öffnung für den Weg in die Zukunft. Auf der operativen Ebene sieht es nicht anders aus. Zuständigkeitsdenken und eine daraus resultierende Fokussierung auf Schnittstellenprobleme bestimmen den Alltag. Es geht hier nicht darum, ob auch jeder alles richtig macht, als um die Übernahme von Verantwortung jedes Einzelnen für das Realisieren von Ergebnissen, aus denen sich die Erreichung wichtiger Geschäfts- und Entwicklungsziele für das Unternehmen ergeben.

Wie handeln eigenverantwortlich denkende Manager?

In einer Kultur, die selbständiges Handeln fördert, bleibt es den verantwortlichen Personen überlassen, sich zu überlegen, wie sie zu den erforderlichen Ergebnissen kommen. Deshalb sehen es Manager, die Eigenverantwortung fördern, als ihre Aufgabe, in ihrem Team gut aufeinander abgestimmte Aufträge so zu vergeben, dass alle diese Aufträge zusammen zur Erreichung der Unternehmensziele führen. Sie stimmen sich vorher mit den Kollegen auf ihrer Hierarchieebene dazu ab, welche Aufträge sie an ihr Team geben. Anschließend gehen sie die Machbarkeit jedes Auftrages mit dem betreffenden Mitarbeiter in ihrem Team durch und achten darauf, dass vergangene Umsetzungserfahrungen in deren Plan einbezogen sind. Sollten dabei Kapazitätsengpässe erkennbar werden, stimmen sie die Prioritäten für bestehende und zusätzliche Aufträge neu aufeinander ab. Während der Umsetzung achten sie auf Rückdelegationsversuche und nehmen diese als Anlass, zu klären, ob ernsthaft Verantwortung für den entsprechenden Auftrag übernommen wurde.
Darüber hinaus versuchen sie selbst Beobachtungen über die Zusammenarbeit in ihrem Team zu machen und Feedback zu geben, das ihre Teammitglieder dabei unterstützt, eigene Entscheidungen über eine Optimierung ihres Vorgehens zu treffen. Falls am Ende die Resultate nicht den Erwartungen entsprechen, geben sie ihrem Team auf Augenhöhe Hilfestellung mit dem Ziel, die erforderlichen Verbesserungen selbst zu erkennen und für die Ausführung der nächsten Aufträge zu nutzen.
Manager, die Eigenverantwortung fördern, handeln in dem Wissen, dass sie mit jeder Einmischung in eine eigenverantwortliche Aufgabenerledigung ihrer Teammitglieder riskieren, die Türen für Rückdelegation und für den Ausstieg aus der Verantwortung zu öffnen.

Wie handeln eigenverantwortlich denkende Mitarbeiter?

Eigenverantwortlich denkende Mitarbeiter unterstützen das oben beschriebene Vorgehen ihrer Manager. Sie sehen es in ihrer Verantwortung bei der Annahme eines Auftrages die erforderliche Zeit mit ihrer verfügbaren Zeit abzugleichen sowie die Prioritäten für bereits laufende Aufträge einzubeziehen. Sie kümmern sich selbst um relevante Informationen zur Ausführung ihrer Aufträge. Falls die Ausführung ihrer Aufträge für sie zu schwierig wird, suchen sie von sich aus den Rat ihrer Kollegen und informieren Ihren Manager umgehend, sobald es für sie erkennbar ist, dass sie den Auftrag nicht erfüllen können. Diese Information an ihren Manager beinhaltet gleichzeitig einen Vorschlag, wie der Auftrag doch noch erfüllt werden kann.
Eigenverantwortlich denkende Mitarbeiter sind relativ leicht an ihrem Handeln erkennbar. Sie nehmen Aufträge nicht einfach an, sondern fragen so lange nach, bis es ihnen ausreichend klar ist, in welchem Zusammenhang der Auftrag zu sehen ist. Sie warten nicht auf die Informationen und Vorleistungen anderer, sondern sorgen selbst dafür, dass sie relevante Informationen erhalten und Vorleistungen rechtzeitig geliefert werden. Die Frage nach Hol- oder Bringschuld existiert für sie nicht.
Folglich sind sie es nicht gewohnt, Stellenbeschreibungen zu bekommen. Sie halten sich lieber an zu realisierende Resultate, als an Aufgabenbeschreibungen.

Ein System, das Eigenverantwortung generiert

Viele Organisationen befinden sich jedoch an dem Punkt, an dem nur ein Teil der Manager und Mitarbeiter von sich aus selbständig und eigenverantwortlich handeln möchte. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, in denen Zuständigkeitsdenken und das Arbeiten nach Stellenbeschreibungen vorherrschen. Eigenverantwortung kann sich nur in einem System entfalten, in dem die Unternehmensleitung diesen Weg wirklich will und selbst entsprechend handelt. Das erfordert Disziplin und ein gutes Gespür für eine entsprechende Anpassung der Steuerungs- und Personalentwicklungssysteme.
Zielsysteme mit jährlich gleich strukturierten Zielkategorien sollten ersetzt werden durch ein Zielsystem, das sich an dem Entwicklungsziel des Unternehmens orientiert. Dieses Entwicklungsziel könnte sich z.B. auf die Realisierung eines unschlagbaren Angebotes für die Kunden des Unternehmens beziehen. Aus diesem übergeordneten Ziel werden kaskadenförmig alle weiteren Ziele und Aufträge für die einzelnen Unternehmensbereiche bis hin zu den operativen Teams abgeleitet.
Dementsprechend sollten die Inhalte des Beurteilungssystems dahin verändert werden, sich auf die Bewertung einzelner, wichtiger Auftragsergebnisse und damit verbundener persönlicher Entwicklungsschritte zu konzentrieren. Das heisst im Rahmen der Aufträge sind Situationen definiert, in denen die Auftragnehmer Gelegenheit haben, ihre persönlichen Fortschritte unter Beweis zu stellen. Passend dazu sollten sich die finanziellen Anreizsysteme auf Prämien beschränken, die an alle am Auftragsergebnis Beteiligten ausgeschüttet werden, wenn alle zusammen ein außerordentliches Auftragsergebnis erreicht haben. Falls die Beteiligten zum Teil aus anderen Teams kommen, sollte die Ausschüttung der Prämien in Abstimmung mit den Managern der anderen Teams erfolgen.
Unterstützt wird der oben beschriebene Umbau der internen Systeme durch ein Weiterbildungssystem, das auf einem klaren Umgang mit Verantwortung und verantwortlichem Handeln aufbaut. Das heißt, verantwortliches Handeln bildet die Grundlage in allen Trainings und Coachings. Die Zielgruppen dafür sind Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen.
Der gesamte Umbau dieser Systeme nimmt einige Zeit in Anspruch. Andererseits ist die Aussicht auf eine spürbare Steigerung der Effizienz und eine schnellere Erreichung wichtiger Ergebnisse ein ausreichender Ansporn für die Umsetzung entsprechender Systemveränderungen. Man kann damit nur gewinnen.
Vereinfacht wird dieses Vorhaben dadurch, dass es für jeden leicht erkennbar ist, wenn jemand Verantwortung übernimmt und verantwortlich handelt. Dafür müssen keine Führungsleitlinien erstellt und keine allgemeinen Verhaltensregeln aufgestellt werden.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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